Disclaimer: Die Kamera wurde mir für einen Test kostenlos zur Verfügung gestellt.

Leica – Ein Name, mit dem wohl jeder Fotograf eine Meinung verbindet. Sei es die Historie der Firma, sei es das Gefühl, für gleiche technische Daten bei anderen Herstellern deutlich weniger Geld auszugeben. Aber auch gewisse Spezialitäten, man kann es auch Anachronismen nennen, wenn ein Hersteller sich traut, Kameras herauszubringen, die kein Display haben, oder einen Sensor haben, der nur Schwarz-Weiß kann.

Jetzt liegt sie also vor mir, die Leica Q2. Eine kompakte Kamera mit sehr ordentlicher Lichtstärke von F1.7 und einer Festbrennweite mit 28mm Brennweite. Der Sensor liefert ganze 47MP, also ungefähr das doppelte, was meine Fuji mit ihrem APS-C-Sensor bietet. Ich könnte jetzt noch weitere technische Daten aufzählen, den Macro-Modus erwähnen, wieviele Auslösungen sie mit einem Akku schafft, aber das kann man woanders auch nachlesen und war für mich auch nicht besonders wichtig.
Ich halte eine Kamera in der Hand, die deutlich den Wert meines Autos übersteigt. Gleichzeitig sorgt nicht nur der Preis für eine gewisse Ehrfurcht, sondern auch der rote Punkt. Man hat das Gefühl, ein Stück Fotografiegeschichte in der Hand zu halten, gleichzeitig aber auch ein echtes Werkzeug. Die Leica ist nicht leicht. Sie hat klar definierte Bedienelemente, kein Fummeln, keine Frickelei, sie ist schlicht zum Fotografieren gebaut.

Auch wenn DHL es nochmal spannend gemacht und die Kamera deutlich knapper vor dem Abflug geliefert hat, als es mir lieb war, ist sie dabei. 6 Tage New York, dann noch ein kurzer Flug nach Toronto, von da geht es mit dem Mietwagen zu den Niagara-Fällen, eine Nacht werden wir irgendwo anders übernachten und dann geht es wieder nach Hause. Für so etwas ist die Leica wie gebaut. Sie ist kompakt, bietet eine hervorragende Bildqualität, genügend Reserven, um auch mal einen Bildausschnitt auszuschneiden. Dabei muss ich sagen, ich fotografiere RAW. Mir ist der digitale Zoom, den die Q2 bietet, völlig egal. Auch irgendwelche Filmsimulationen etc. brauche ich nicht. Das heißt nicht, dass jemand anderes schlechtere Bilder abliefert, weil er JPG nutzt, es ist einfach meine Art zu fotografieren. Und wenn ich schon bei meiner Art bin, ich laufe durch eine fremde Stadt und fotografiere. Dabei kommt mal was gutes heraus, mal völlig uninteressantes Zeug aus fotografischer Sicht. Es ist auch mal ein stinknormales Touristenfoto dabei, wie es hunderte oder tausende andere Touristen mit ihren Smartphones oder gar Tablets täglich machen, aber eben auch mal ein Detail, was sonst niemanden interessiert. Dabei habe ich gar nicht den Anspruch an mich, dass es immer die ganz große Kunst werden muss. Es muss mir Spaß machen, und wenn am Ende ein Foto dabei rausfällt, welches mir nach Jahren noch Spaß macht, ist das Ziel absolut erreicht.
Um den Bericht in den richtigen Kontext zu setzen, nach einigen Jahren mit einer Canon 5D Mark II nutze ich mittlerweile fast ausschließlich eine Fuji X-Pro2, oft für Landschaft mit dem 10-24mm Fuji Weitwinkel, aber auch Festbrennweiten mit 23mm, 35mm und 50mm. Diese habe ich natürlich auch dabei. Da ich in letzter Zeit immer wieder mal mit den 35mm KB-äquivalent meines Fuji-Objektivs gehadert habe, waren auch die 28mm der Leica besonders spannend für mich. Dazu noch der Vollformatsensor mit dem entsprechenden Potential was Freistellung und Dynamikumfang betrifft, ein tolles Paket auf dem Papier!

Im Financial District

Was mir dagegen etwas Sorge machte: Keine Zeit zum Kennenlernen, keine große Einarbeitungsphase, kein Testshooting mit anschließender Kontrolle der Bilder in Lightroom. Also das sprichwörtliche kalte Wasser. Da hilft die wirklich übersichtliche Bedienung der Leica definitiv. In dem Menü findet man sich bis auf Kleinigkeiten sofort zurecht, auch ohne Erfahrung mit Leica. An die Verriegelung des Fokussierrings muss man sich erstmal etwas gewöhnen, aber auch das hat man schnell verstanden. Und dann kam doch der Moment, in dem ich die Bedienungsanleitung benötigte: Der Wechsel des Akkus. Wenn man weiß, wie man die Entriegelung bedienen muss, ist es total simpel, aber ohne den entscheidenden Trick, keine Chance.

Doch zurück zur Praxis. Wir fliegen Morgens los. Nach dem üblichen Drama am Frankfurter Flughafen in der Sicherheitskontrolle mit Whipe-Test und mehrfachem Röntgen können wir endlich unseren Flieger besteigen. Alles Fotoequipment liegt sicher über mir im Fotorucksack. Kurz vor der Landung am Flughafen JFK kann man schon mal einen ersten Blick auf Manhattan werfen, was die Aufregung noch steigert. Raus aus dem Flieger, Gepäck abholen, durch die Immigration durch und ab in den Airtrain, von da weiter in die Subway. Wir treffen Tunji, unseren Gastgeber für den Rest des Aufenthalts. Er ist Designer, lebt hauptsächlich in New York, aber ist regelmäßig auch in Japan unterwegs, oder sonstwo auf der Welt. Ein kleines Appartment am Rande China Towns, unscheinbarer Eingang, alles mit eher wenig Tageslicht und mit karger Ausstattung. Aber, es hat einfach auch seinen Charme. Trotz des Fluges sind wir aufgekratzt und wollen raus. Die Akkus sind geladen, also Ersatzakku in die Tasche, Kamera über die Schulter und es kann los gehen. Der Sucher ist sicherlich nicht riesig, aber klar, ohne merkliche Latenz auch für mich als Brillenträger perfekt nutzbar. Und, ganz wichtiges Detail, das Rädchen zum Dioptrienausgleich ist versenkt und damit gegen versehentliches Verstellen geschützt. Langsam kommt die Dämmerung in der Stadt, die niemals schläft. Dank guter ISO-Automatik und dem integrierten Bildstabi ist das alles kein Problem. Dabei ist die Leica niemals eine Belastung. Man hat keine zusätzlichen Objektive dabei, kein schweres Gehäuse, aber natürlich sind die Möglichkeiten auch eingeschränkt. Dennoch merke ich, wieviel Spaß mir die 28mm machen.

Nachmittag im Washington Square Park

Ich will gar nicht alles aufzählen, was wir gemacht haben. Natürlich waren Klassiker wie das MoMA dabei, der Central Park, aber auch eine Fahrt mit der Ikea Ferry nach Brooklyn mit anschließender Fahrt mit dem Rad zurück Richtung Manhattan. Bei allem ist die Leica dabei, ist kein Balast, und man hat permanent das beruhigende Gefühl, einen großen Teil der fotografischen Wünsche jederzeit umsetzen zu können. Dazu muss man sagen, dass die Kamera im Vergleich zu grundsätzlich ähnlichen Konzepten wie eine Fuji X100F oder einer Ricoh GRIII ein echter Brocken ist. Etwas über 700g bringt sie immerhin auf die Waage, fühlt sich aber auch entsprechend wertig an!
Der Akku hält. Ich habe keine Ahnung, wieviele Auslösungen die Kamera mit einer Akkuladung schafft, ist mir auch egal. Mit einem Ersatzakku bin ich perfekt ausgestattet, über Nacht wird der Akku mal geladen und dann kann es weiter gehen. Ungewohnt schnell ist die 32gb Speicherkarte voll, ein Tribut von JPG und RAW und der entsprechenden Auflösung des Sensors.
Haben wir an den ersten Tagen noch gigantisches Sommerwetter, wird es im Verlauf der Woche etwas wechselhafter. Regelmäßig haben wir gegen Nachmittag und Abend immer wieder mal Schauer, bis zu kräftigen Gewittern. Da freut man sich über den Wetterschutz, welcher die Kamera sicher nicht wasserdicht macht, aber einem die Angst vor jedem Regentropfen nimmt.

Dank Wetterschutz ist man bei kurzen Schauern deutlich beruhigter


Da der Koffer für eine Woche eh nicht übermäßig gefüllt war, musste natürlich auch ein Stativ mit. Was soll ich sagen, es blieb die ganze Zeit im Koffer. Für den einen oder anderen Versuch wurde die Kamera mal irgendwo abgelegt, ansonsten gab es kaum Gelegenheit für den Einsatz des Stativs. Wenn wäre jedoch ein passender L-Winkel mit Arca-Mount praktisch, seit der X-Pro2 möchte ich diesen nicht mehr missen.

Getragen wurde die Leica in New York über 100 Kilometer zu Fuß. Dazu kommen etliche Fahrten mit der Subway, drei Fährfahrten, einige Kilometer mit den allgegenwärtigen Leihrädern, die eine tolle und umweltfreundliche Alternative zu anderen Fortbewegungsmitteln darstellen.

Irgendwann mussten wir uns von Manhatten verabschieden, weil unser Flieger vom Flughafen La Guardia nach Toronto ging. Mietwagen übernommen und ab auf den kanadischen Highway Richtung Niagara-Fälle. Nach der Zeit in New York eine willkommene Abwechslung, wieder mal weiter als einen Block sehen zu können.
Von unserem Hotelzimmer aus haben wir einen Blick direkt auf die Horseshowfalls. Beeindruckend, anders kann man es nicht beschreiben. Ich habe meine Freundin selten so aufgekratzt und dennoch ehrfürchtig gesehen.
Ansonsten ist das Örtchen eigentlich furchbar, weil man rund um das Naturspektakel ein kleines Las Vegas gebaut hat. Soll uns aber nicht stören, wir wollen ein wenig die Fälle erleben und dann geht es am nächsten Tag weiter. Durch die Naturgewalt liegt ständig Wasser in der Luft, mal mehr und mal weniger. Auch hier freut man sich über die robuste Bauweise der Leica. Dennoch habe ich mich getraut, bei der Bootsfahrt direkt an die Fälle, die Leice auszupacken. Für solche Fälle durfte die GoPro dann doch zum Einsatz kommen.

Blick von oben auf die Fälle. Auf dem Boot wird es definitiv nass!


Am nächsten Tag ging es raus aus dem Trubel über die Landstraße Richtung Niagara-on-the-Lake. Auf dem Weg halten wir an einem kleinen Trail, der uns durch einen Wald zum sogenannten Whirlpool führt. Ich merke, wie sehr mir die Natur gefehlt hat. Unten am Fluss treffen wir auf ein paar Angler, auch der eine oder andere Wanderer läuft vorbei, aber kein Vergleich mit den Menschenmassen der letzten Tage. Unterwegs liegt eine Schlange auf dem Weg, die wir beim Sonnenbad stören. Leider fliegt immer mal ein Hubschrauber mit Touristen über uns, aber das trübt das Erlebnis nur minimal. Auch hier fühlt sich die Leica gut an, sie ist eben nicht nur für einen Städtetrip gemacht. Egal ob in der Stadt oder hier, schon die Kontrolle auf dem Display zeigt, dass die Reserven im Dynamikumfang ein gutes Ergebnis versprechen.
Wir fahren weiter, auf der Landstraße entlang des Niagara River. Unterwegs halten wir an einem Farmers Market und finden wahnsinnig leckeres Essen und ein paar Andenken. Ersteres könnte durch unseren Hunger beeinflusst worden sein, macht aber im Endeffekt keinen Unterschied.
Frisch gestärkt fahren wir weiter und treffen auf ein Städtchen, welches sich wie nach einer Zeitreise anfühlt. Man trifft auf riesige Landhäuser und eine Beschaulichkeit, die sich kaum in Worte fassen lässt. Eichhörnchen hoppeln gemütlich über die Straße, Leute machen ihr Picknik in den vertstreuten Parks und überall gibt es kleine Lädchen mit allerlei Gedöns.

Niagara-on-the-Lake


Unser B&B ist ähnlich beschaulich, das Frühstück am kommenden Morgen ist eine willkommene Abwechslung. Wir fahren noch einmal in den Ortskern und müssen dann irgendwann Richtung Flughafen aufbrechen. Kanada hat uns aber defnitiv neugierig gemacht, obwohl wir sicher nur einen Hauch der Natur gespührt haben, die dieses Land bietet.
Der Rückflug ist anstrengend. 6,5 Stunden reichen mir nicht, um wenigstens ein bisschen zu schlafen und schließlich haben wir noch gegen Ende des Flugs einen medizinischen Notfall direkt in der Reihe vor uns. Am Ende landen wir gut in Frankfurt, es ist Sonntag Morgen, das Wetter ist sommerlich.

Am Ende sind es 527 Bilder mit der Leica geworden. Manches finde ich objektiv wirklich gut, anderes hat mehr einen ideellen Wert. Und manchmal ist auch etwas Ausschuss dabei, weil ich scheinbar doch mal vergessen habe, den AF einzuschalten oder dieser mal daneben gelegen hat. Das ist aber eher die Ausnahme, was bei den Motiven aber auch verlangt werden kann.

Was ist das Fazit nach dieser intensiven Erfahrung? Die Leica Q2 ist ein tolles Gerät! Ein Werkzeug, wie gemacht für eine solche Reise! Man kann über das eine oder andere Diskutieren. Ein Joystick zur Verstellung des Fokuspunkts ist für mich total angenehm zu bedienen. Auch ein dediziertes Rad zur Belichtungskorrektur, welches auch so beschriftet ist, finde ich angenehm. Aber ich will das gar nicht überbewerten, schließlich war die Leica nur kurz bei mir und mit etwas Gewöhnung und Nutzung der Softwarefunktionen, die sich noch weiter individualisieren lassen, lässt sich sicher noch eine Menge rausholen.
Was bedeutet das für mich? Ich kann über den Preis der Leica leider nicht hinweg kommen. Dafür bekomme ich bei anderen Herstellern ein komplettes System, welches technisch nicht schlechter ist und mehr Bandbreite bietet. Macht das die Leica schlechter? Nein, ich finde nicht. Es ist eine spezielle Kamera. Und gerade solche Nischenlösungen machen es doch so spannend. Also, schön, dass es Hersteller gibt, die eine Nische besetzen und sich etwas trauen! Man kann sich nur wünschen, dass mehr Hersteller den Mut zusammenbringen, obwohl der reine Gewinn vermutlich eher gering ausfällt.

Danke möchte ich am Ende noch Alex von Foto Görlitz für das entgegengebrachte Vertrauen und die tolle Erfahrung sagen! Solche Aktionen zeigen, dass ein guter Fotohändler eben doch mehr ist, als ein reiner Kistenschieber!

Außerdem Danke an Mehrdad, der mich überhaupt erst auf die Aktion mit einem Beitrag im Fuji-X-Forum hingewiesen hat!

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